Warum es gutes Design nicht umsonst gibt
Von Pizzen und Design
Stell dir folgendes Szenario vor: Du hast Hunger und bist in einer fremden Stadt. Vielleicht wurde dir von einem Kollegen ein italienisches Restaurant empfohlen oder du bist über Google fündig geworden. Du suchst also das Restaurant auf, wirst dort freundlich zu deinem Tisch geführt und dir wird die Speisekarte gebracht. Du liest diese aufmerksam durch und schaust interessiert zu den Nachbartischen, was dort so auf den Tellern liegt. Was du dort siehst, lässt dir das Wasser im Mund zerlaufen und nach einem kurzen inneren Dialog mit deinem Gewissen, entscheidest du dich für ein üppiges Tagesmenü mit Vorspeise, Pizza und Tiramisu als Dessert. Die Kellnerin kommt und möchte deine Bestellung aufnehmen. Und dann sagst du: „Ich hätte gerne das Tagesmenü, aber die 20 Euro möchte ich dafür nicht bezahlen. Gibt es das auch umsonst?“. Als die Kellnerin darauf nicht eingeht und nur fassungslos dreinblickt, versuchst du es anders: „Sonst bringen Sie mir einfach mal von allem etwas und ich entscheide dann, was davon ich esse. Vielleicht gebe ich Ihnen ja am Schluss noch ein bisschen Trinkgeld.“
Jetzt fragst du dich: Was hat dieses absurde Szenario mit Design zu tun?

Gutes Design hat seinen Preis, eben genau wie eine leckere Pizza.
Grafikdesign kann jeder, genau wie Pizza backen
Leider gehören solche Anfragen wie oben beschrieben beinahe zum Alltag eines Designers. Kunden, die in den vollen Design-Genuss kommen wollen, vergleichen wo es das schönste Design gibt und lehnen es dann ab, die Kreativen dafür angemessen zu entlohnen. Ja, es gibt tatsächlich noch Unternehmen und Organisationen in der freien Marktwirtschaft, die der Meinung sind, Design gäbe es umsonst! Schließlich liefern die Unternehmen die Inhalte, die Designer machen es nur bunter und schöner – das bisschen Farbe und Bilder drumherum. Immerhin kann jedes Kind im Kindergarten malen und mit den neuen Bildbearbeitungsprogrammen ist das doch alles noch viel einfacher! Wer Geld und Zeit sparen will, macht sein Logo schnell mit Word selbst. Wem das doch viel Arbeit ist, der stellt schnell einen Auftrag bei einer dieser günstigen Design-Plattformen ein. Da bekommt man für 50 Euro drei verschiedene Logo-Entwürfe und anschließend die Rechte daran.
Genuss für alle Sinne
Kommen wir noch einmal zurück zum Eingangsszenario: Du sitzt beim Italiener. Warum? Natürlich weil du Hunger hast. Aber auch, weil du Pizza sehr magst und diese im heimischen Ofen selbst niemals so schmackhaft-kross hinbekommst wie der Pizzabäcker. Außerdem bist du ja in einer fremden Stadt unterwegs, du hast gar nicht die Möglichkeit, etwas selbst zu kochen. Du hättest aber auch zum Fast-Food-Restaurant um die Ecke gehen können. Die sind überall gleich, vom Bestellprozess bis zum klebrigen Brötchen mit Sesam. Du hast dich dagegen entschieden, denn du willst etwas „richtiges“ essen. Einen knackigen Vorspeisen-Salat fürs Gewissen, die heiße Pizza zur Sättigung und das süße Tiramisu als Belohnung für einen langen Tag. Außerdem ist dir das Ambiente mit der freundlichen Bedienung und der Weinberatung viel lieber, als die anonyme Massenabfertigung in der Systemgastronomie.

Auch wir Kreativen leben nicht von Luft allein. Darum möchten wir für unsere Ideen und Leistungen fair bezahlt werden.
Gilt für Pizza und Design: Sieht einfach aus, ist es aber nicht
Jetzt dürfte klar sein, worauf ich hinaus möchte: Wir Grafikdesigner, Webdesigner, Fotografen und Illustratoren sind wie der Pizzabäcker! Ja, wir arbeiten heute mit Bildbearbeitungsprogrammen und anderen digitalen Tools. Das sind aber nur Hilfsmittel, die uns die Arbeit erleichtern. Mit ihnen können wir unsere Kreativität ausleben, die Ideen dazu entstehen aber auf anderen Ebenen. Du kannst dir diese Hilfsmittel selbst beschaffen, wie du dir auch einen Steinofen in die heimische Küche stellen könntest. Trotzdem wird deine Pizza ziemlich sicher nicht so schmecken, wie vom Pizza-Profi. Entscheidend ist das, was in den „Ofen“ hineinkommt. Die Hauptzutat von uns Kreativen ist nicht Mehl, sondern sind Ideen. Diese entstehen sogar im Zeitalter der Digitalisierung noch im Kopf von echten Menschen! Und auch die Entwurfsphase ist heute noch echte Handarbeit.

Oft sind es die einfachsten Dinge, die am schwersten zu kreieren sind. Das gilt sowohl beim Backen einer waschechten italienischen Pizza, als auch beim erstellen von Designs.
Mitunter ist die Ideengenerierung ein langwieriger Prozess, bei dem zwischen vielen verschiedenen Ideen abgewogen werden muss. Für das fertige Design braucht es dann eine genaue Zielgruppenanalyse, mehrere Designvorschläge, Korrekturschleifen, einen Einblick in relevante Medien und Marketingkanäle. Schließlich soll jedes Design ein Unikat sein, dass den Kunden unverwechselbar macht und ihm eine Identität verleiht bzw. zu seiner vorhandenen Identität passt. Unabdingbar dafür ist der direkte Austausch mit dem Kunden. Nur wenn wir Designer ganz genau wissen, was unsere Kunden und deren Kunden wollen und brauchen, können wir das auch liefern. Service und Beratung sind also nicht nur der Unterschied zwischen Restaurant und Systemgastronomie, sondern auch zwischen Freelance Designern bzw. Agenturen und den online Design-Marktplätzen.
Fazit
Es gibt für Design-Crowdsourcing-Plattformen durchaus eine Daseinsberechtigung, genau wie für Fast-Food-Restaurants. Es geht schnell, kostet wenig, ist unkompliziert. Wer schnell ein kleines Logo braucht und wenig Budget hat, wird hier fündig. Er bekommt dafür aber keinen Service, kein einzigartiges Geschmackserlebnis oder hohe Nährwerte. Wer das sucht, muss den Grafikdesigner seines Vertrauens finden. Denn hier gibt es nicht nur ein Logo. Erfolgreiche Unternehmen müssen auch auf anderen Ebenen visuell überzeugen. Von der eigenen Webpräsenz über Produktverpackung und Flyer bis hin zum Content Marketing, alles muss sich zusammenfügen. Nur wenn es das tut und zur Unternehmensidentität passt, überzeugt das Unternehmen wiederum Interessenten und gewinnt damit mehr Kunden. Design schafft Einzigartigkeit und somit einen Mehrwert, ist das denn nichts Wert?
HERBERGER
Design & Creative Works. Grafikdesign für mutige Selbstständige und Unternehmen.
© 2023 Veronika Herberger, Design & Creative Works
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