Was mich an der Design-Branche nervt und was das neue BMW Logo damit zu tun hat
Eins vorweg: Ich liebe meinen Beruf als Grafikdesignerin! Ich bin glücklich, das machen zu dürfen, was ich kann und mag. Doch bei aller Liebe für Design und Begeisterung für die kreative Arbeit meiner Kollegen, gibt es auch einen Punkt, der mich stört. Dieser Punkt ist jedes Mal erreicht, wenn ein Redesign einer großen Marke die Design-Branche in Aufruhr versetzt. So wie das neue Logo von BMW in diesen Tagen.
Ein neues Logo und doch jedes Mal das Gleiche
Top-News in der Design-Branche und darüber hinaus: BMW hat ein neues Logo! Und natürlich finden es alle erst einmal schei… -nbar nicht so gut. Was wird sich echauffiert, von Designern und Nicht-Designern? Egal ob BMW-Fahrer, Audi-Jünger, Fahrradfahrer und VW-Anhänger. Aber Moment! Das neue Logo von VW hat doch vor nicht allzu langer Zeit das gleiche Schicksal ereilt!
Ab und an kommt es eben auch in großen Konzernen vor, dass ihr Logo ein Redesign erfährt. Häufig sind es nur kleine Nuancen, die geändert werden und trotzdem muss jeder der Augen im Kopf hat seinen Senf dazu geben. Und wenn die Veränderung so offensichtlich ist wie im aktuellen Fall von BMW, dann muss es noch eine extra große Portion Senf sein.
Und dabei wiederholt sich das Fachsimpeln ständig von neuem: Was hat sich der Designer dabei gedacht? Hat er sich überhaupt etwas dabei gedacht? Stammt das vom Praktikanten? Ist die Agentur mit ihrer Arbeit überhaupt fertig geworden, das sieht so halbgar aus? Am beliebtesten ist jedoch die Phrase „Also ich hätte das viel besser gemacht…“.
Dabei ist es ganz gleich, ob der „Gloss“ zurückkehrt wie bei Aldi oder ob eine Dimension gestrichen wird und alle wieder „flat“ sind, siehe MINI, VW oder eben BMW. Immer gibt es Leute, die was zu Meckern haben.

Die neuste Evolutionsstufe des BMW Logos, zu bewundern unter anderem auf der Homepage des Automobilherstellers.
Man kann es als Designer nie allen recht machen
Dabei sollten doch gerade die Designer unter den Meckerern wissen, dass man es als Kreativer sehr schwer hat. Das Design, in dem Fall ein Redesign eines Logos, muss in erster Linie dem Kunden gefallen. Und idealerweise dem Kunden des Kunden. Darum finde ich Aussagen wie „Also der Designer hat sich ja wohl nichts dabei gedacht“, sehr fragwürdig. Denn ich bin mir sicher, dass sich jeder halbwegs vernünftige Designer was bei seiner Arbeit denkt. Mehr noch. Die meisten stecken sehr viel Hirnschmalz in ihre Arbeit, gehen in Diskussionen mit dem Kunden und verbringen ihre Nächte am Schreibtisch, damit am Ende ein zufriedenstellendes Ergebnis herauskommt. Und wenn ein großer Auftraggeber wie ein Automobilhersteller an die Tür klopft, dann weiß man auch, dass viele Entscheidungsträger am Tisch sitzen und die Design-Agentur auch nicht gerade unerfahren ist. Ein Redesign dieser Art macht nicht nur ein Designer, dafür war ein ganzes Team verantwortlich.
Viel Aufregung um Nichts
Und dann ist es doch so, dass zwar der Aufschrei des Entsetzens im ersten Moment groß ist. Aber spätestens, wenn in ein paar Monaten die ersten Werbefilme mit dem neuen Logo ausgestrahlt und die Autohändler mit den neuen Fahnen ausgestattet sind, dann wirds wieder ruhig um die optische Zumutung. Dann hat sich das kritische Auge der Experten und denen, die sich dafür halten, an das neue Erscheinungsbild gewöhnt. Und sie warten begierig darauf, sich auf das nächste „Design-Verbrechen“ zu stürzen.
Die Emotionen kochen hoch
Design polarisiert. Jeder Glückliche, der sehen kann, bildet sich sofort eine Meinung über das, was vor seine Augen kommt. Das ist auch erst mal völlig normal und menschlich. Stimmt das Gesehene dann nicht mit unserer Wertevorstellung und unserem Empfinden von Ästhetik überein, dann wirds ungemütlich für denjenigen, der das Design „verbrochen“ hat. Und nichts emotionalisiert uns Deutsche so sehr, wie unsere Autos. Da können sogar Babys und Katzenvideos einpacken. Also hat man es als Designer offensichtlich schon dann verbockt, wenn man einen Auftrag von einem Automobilhersteller annimmt. Ganz egal wie zufrieden man selbst am Ende seiner Arbeit ist, deine Design-Kollegen jagen dich mit der Mistgabel aus dem Dorf.
In der über 100-jährigen Firmengeschichte von BMW gab es schon einige Redesigns. Gemäß der Historie dürften wir frühestens 2040 mit dem nächsten Evolutionsschritt rechnen.
Sind Designer Spinner oder Vordenker?
Du bist Designer? Dann merke dir, dass du mit deiner Arbeit niemals alle erreichen wirst. Es wird immer Kritik an deiner Arbeit geben. Es wird immer Leute geben, die es vermeintlich besser können. Zumindest behaupten sie das. Aber solange du dir mit deiner Arbeit Mühe gibst, Recherche betreibst, dich mit deinen Kunden abstimmst und ehrgeizig bist in deinen Entwürfen, dann musst du dich für nichts schämen! Außerdem vergessen viele, dass man selbst sein größter Kritiker ist.
Es ist doch so, dass gerade Design oft einen Schritt voraus ist. Design definiert Trends, egal ob im Grafikdesign oder in der Modebranche. Die Arbeit des Designers polarisiert zunächst, nur um dann ein paar Monate später kopiert zu werden. Das gilt auch für Designer untereinander. Die Visuals, die zunächst streng beurteilt werden, dienen irgendwann in der Zukunft als Inspirationsquelle.
Außerdem ist Design auch ständig im Wandel. Was wir heute ganz chic finden, ist morgen wieder out. Wir sehen uns an Trends satt und stürzen uns auf neue. Wir tragen heute Röhrenjeans und finden sie morgen wieder schrecklich. Wir setzen heute auf zweidimensionale Logos ohne Lichtreflexe und Verläufe, sind in einem Jahr aber wieder ganz heiß darauf.
Und so sei all denen gesagt, die sich aus Prinzip nicht mit dem neuen BMW Logo anfreunden wollen: Es wird irgendwann wieder ein neues Redesign geben. Ein Blick auf die Historie zeigt, dass wir frühestens in 20 Jahren wieder mit einem Redesign rechnen dürfen. Viel Zeit also für all die Verbesserer, Designvorschläge zu erarbeiten und vorzulegen.

So sähe mein Vorschlag für ein neues BMW-Logo aus: Leicht abgewandelt im Vergleich zum Original. Das finde ich übrigens unterm Strich sehr zeitgemäß und gelungen.
Fazit: Es gibt kein richtig oder falsch
Design ist keine Wissenschaft, in der es nur eine richtige oder falsche Lösung gibt. Design ist nicht schwarz oder weiß, Design ist immer bunt. Die Wahrnehmung davon ist subjektiv. Wir müssen dabei nicht zwanghaft versuchen, unsere Meinung den Anderen aufzudrücken. Denk daran, bevor du das nächste Mal die Arbeit eines Grafik-, Web- oder Produktdesigners kritisierst. Sei konstruktiv und neutral in deiner Bewertung. Und sei dir bewusst, dass er nicht in seinem Interesse, sondern in dem seines Kunden gehandelt hat. Denn der Kunde ist es, der mit seinem neuen Design leben muss und davon profitiert, wenn du darüber redest
Quellen
https://www.bmw.com/en/automotive-life/bmw-logo-meaning-history1.html
https://www.designtagebuch.de/bmw-praesentiert-sich-mit-neuem-zweidimensionalen-markenzeichen/
HERBERGER
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© 2023 Veronika Herberger, Design & Creative Works
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